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Shooting Dogs

Beginnend mit ein paar leichten, glücklichen, "heile Welt"-Szenen, hatte ich befürchtet, dass der Film ein eher langweiliger Streifen über einen Europäer in Afrika wird – ich hatte den Film in einer "Sneak Preview" gesehen und kannte ihn auch noch nicht. Doch dann entwickelte er sich völlig anders. Aber erstmal ein bisschen zum Inhalt.

Der Protagonist Joe Connor ist für ein Jahr als Lehrer an einer kleinen Schule in Kigali, Ruanda beschäftigt, welche auch einer Truppe von UNO-Blauhelm-Soldaten im Rahmen der UNAMIR-Mission als Basis dient. Ebenfalls an der Schule als geistlicher ist Pater Christopher, welcher bereits seit fast 30 Jahren in Afrika lebt, von allen akzeptiert wird, sich mit allen gut versteht und für Joe eine wichtige Bezugsperson ist. Zu guter letzt ist da noch Marie, ein junges Mädchen, zu dem sich Joe in gewisser Weise hingezogen fühlt.

Die Geschehnisse geraten ins Rollen, als das Flugzeug des Regierungschefs von Ruanda abstürzt und er ums Leben kommt. In Ruanda gibt es zu diesem Zeitpunkt zwei große Stämme, Tutsi und Hutu. Die Hutu beginnen systematisch die Tutsi und gemäßigte Hutu (die den Tutsi positiv oder neutral gegenüberstehen) brutal mit Macheten um zu bringen. Dabei machen sie auch kein Halt vor Kindern, Geistlichen und vollkommen unbeteiligen Personen. Besonders erschreckend für Joe ist, dass sogar sein Freund Francois, welcher zum Stamm der Hutu gehört und bis zum Ausbruch des Bürgerkrieges netter, freundlicher Hilfsarbeiter an der Schule war, nun selbst mit der Machete in der Hand, Jagd auf Tutsi macht.

Die Leute in der Schule verschanzen sich und kurz nach Ausbruch der Gewalttätigkeiten kommen viele Flüchtlinge in die Schule, weil sie sich Schutz von den dort stationierten UNO-Soldaten erhoffen. Mit den Tagen versammeln sich immer mehr Hutu rund herum um die Schule, bis sie völlig umzingelt ist, doch sie greifen nicht an. Als eine Gruppe der Tutsi versucht von der Schule zu fliehen, tauchen wenige Meter nach dem Verlassen des "sicheren" Schulgeländes hinter den Büschen Hutu auf und bringen alle Tutsi um, die es nicht mehr schaffen rechtzeitig zurück zur Schule zu rennen. Die UNO-Soldaten sehen nur zu ohne ein zu greifen, denn laut UNO-Mandat sind sie nur dort um den Frieden zu überwachen, aber nicht befugt ein zu greifen, schießen dürfen sie nur im Verteidigungsfall, nämlich wenn auf sie geschossen wurde.
Als herauskommt, dass 10 entführte UNO-Soldaten von Hutu umgebracht wurden, bahnen sich neue Probleme an. Können die Blauhelme überhaupt noch Schutz bieten?

Dieser Film beruht auf wahren Begebenheiten, auch wenn die Figuren der Geschichte frei erfunden sind. Der Film zeigt auch die kritischen Hintergründe dieses Völkermords auf, nämlich dass von Seiten der Politik die Planung unterstützt wurde und überhaupt der ganze Vorgang von langer Hand geplant war, außerdem wird auch das beschämende Verhalten der westlichen Mächte dargelegt, dass sie sich nicht einmischten und die UNO-Truppe sogar abgezogen wird. Im Nachhinein wird von der UNO darüber diskutiert, ob es überhaupt ein Genozid war, oder doch "nur" ein Bürgerkrieg, bei dem sich die UNO nicht ein zu mischen hat, hätte es sich um einen Genozid gehandelt wäre man selbstverständlich eingeschritten. Interessant in diesem Zusammenhang ist eine Aussage des damaligen Präsidenten der USA, Bill Clinton, der 2005 sagte, dass wohl der größte Fehler seiner Amtszeit gewesen sei, dass die USA 1994 nicht in Ruanda einmarschiert wären, als der Völkermord statt fand.

"Shooting Dogs" hat mich sehr beeindruckt, viel zum Nachdenken angeregt und vor allem aufgeklärt, denn ich muss zugeben, als jemand der 1986 geboren ist, habe ich nicht viel von den politischen Geschehnissen 1994 mitbekommen und später habe ich nichts davon erfahren. Im Schulunterricht heutzutage wird Geschichte maximal bis 1990 behandelt und dort liegt der Fokus auch nur auf Deutschland, allgemein lernt man im Grunde nichts über Afrika, abgesehen davon, welches europäische Land wann in welchen Teilen Afrikas Kolonialmacht war, aber hat man dabei wirklich etwas über Afrika gelernt?!
Die Schauspieler im Film waren natürlich große Klasse, sie haben ihre Rollen glaubhaft gespielt und man konnte regelrecht miterleben, wie sie diese ungewöhnliche Situation, in der sie sich befanden, belastete und bewegte.
Alles in allem ein sehr gelungener Film, ein – wie ich finde – auch wichtiger, sehenswerter Film!

Der Titel des Filmes steht übrigens in Verbindung mit einer Szene: Als der Kommandant der UNO-Truppe Christopher mitteilt, dass sie gleich einige Hunde erschießen würden, da diese bereits die Leichen fressen und man durch das Erschießen einer Seuche vorbeugen wolle, fragt Christopher zynisch den Kommandanten "Warum schießen Sie auf die Hunde? Haben die Hunde Sie angegriffen?".